Wieder ein erfolgreicher Trainingsaufenthalt in China
2014 gab es wieder einen erfolgreichen Trainingsaufenthalt in China bei Großmeister Shi De Cheng.
Im August / September 2014 waren Peter und Falko wieder im "Land der Mitte", um sich vor Ort bei Meister Shi De Cheng fortzubilden.
Erfahrungsbericht von Peter Geedicke
Wieder einmal ist es soweit: Der Berg ruft, genauer gesagt der Berg Song aus der Provinz Henan in Zentral-China. Am Fuße dessen sich das Shaolin-Kloster - Ursprung des Shaolin-Kung-Fu's - und das beschauliche Dörfchen Dengfeng befinden. Hier finden nicht nur seine ca. sechshunderttausend Bewohner einen Platz zum Leben und Wirken, nein hier ist auch die Heimat für tausende Freunde des Kung Fu und Modern Martial Art. Zahlreiche Kung Fu-Schulen und Kung Fu-Akademien säumen die Straßen des Dorfes und erstrecken sich bis kurz vor die Tore des Shaolin-Klosters.
Update Einwohnerzahl Dengfeng:
temporär ca. Sechshunderttausend Chinesen plus Drei Deutsche
Wir drei Falko, Alex und ich haben alle Einreise- und Anmeldeformalitäten hinter uns gebracht, liegen in unseren Betten des "Shi De Cheng Shao Lin Kung Fu Trainings Center" und freuen uns auf den sich sukzessiv einstellen Muskelkater der kommenden Tage. Zu unserer Überraschung besteht unser erster Tag nicht aus den erwarteten Strapazen des Kung Fu-Trainings, sondern wir werden von Shifu Shi De Cheng gleich morgens um 5 Uhr - lange vor allen Touristen - in den Shaolin Tempel gebracht, um uns eine ungestörte Führung durch die heiligen Hallen zu ermöglichen. Hier findet gerade das morgendliche Gebet der Mönche statt und gipfelt in einem kurzen Hausbesuch des spirituellen Großmeisters von Shifu Shi De Cheng. Nach kurzem Plausch über die 3 deutschen Neuankömmlinge, deren Trainingsvorhaben und dem körperlichen Befinden geht es im morgendlichen Dunst an den spontanen Aufstieges des Berges Song, welcher gleich hinter dem Shaolin-Tempel liegt. Hoch droben über dem Tal finden wir die Höhle des Boddidarma (in der - so die Legende - das traditionelle Kung Fu seine Wurzeln hat) und spazieren beim Abstieg durch den steinernen Pagoden-Wald zurück zum Tempel.
Die Tempel-Tour gab uns einen entspannten Trainingseinstieg und noch etwas Zeit, die Reisestrapazen zu verdauen und sich ein wenig zu akklimatisieren. Zumal hier, nicht wie in vor 2 Tagen in Deutschland 17-20 Grad, gleich lauschige feuchtwarme 28-31 Grad herrschen. Aber mit Pause ist nun Schluss. Training findet je nach Wetterlage draußen in einem nahegelegenen Park oder im 3. Stock einer Trainingshalle statt. Diese Halle ist Teil einer sehr großen Kung Fu-Schule (Xiao Long Wu Yuan) und wird im Rahmen eines Austauschprogrammes für Shifu zur Verfügung gestellt. Somit haben wir die Möglichkeit bei Regen oder zu starker Sonneneinstrahlung (so gut wie jeden Nachmittag ab 15 Uhr) drinnen im Schatten zu trainieren.
Trainingsinhalt, nach Planung der individuellen Trainingsziele, sieht pauschal wie folgt aus. Jeder Tag besteht aus zwei großen Trainingseinheiten, die Pflicht sind. Nach dem Frühstück zwei bis drei Stunden und nachmittags bis zum Abendessen. Vor und nach den Mahlzeiten kann eigenständig weiter trainiert oder Erlerntes wiederholt werden. Standard Tagespensum liegt bei fünf bis sechs Trainingsstunden, bei der wir die ungeteilte Aufmerksamkeit von Shifu oder seiner Meisterschülerin Kai Li genießen dürfen. Das heißt, keine wirklichen Verschnaufpausen sondern Springen, Treten und Schlagen bis sämtliche Kleidungsstücke keinen Tropfen Wasser mehr aufnehmen wollen und können und der Boden unter unseren Füßen auf mystische Art und Weise immer seeähnlicher wird.
Initial wird die verloren geglaubte Kondition durch die sogenannten "Ji Ben Gong" (Basisübungen) wieder aus der Vergessenheit gelockt. Hier werden sämtliche Basisstände, -schläge, -tritte und Bewegungsabläufe trainiert und angewendet. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass wir auf das traditionelle Kung Fu (kurze Schläge, Arme eng am Körper und hohe Stände) fokussiert sind und uns vom modernen Wushu (lange gestreckte Bewegungen, sehr tiefe Stände, Akrobatik) distanziert haben. So fanden wir uns nach kurzer Eingewöhnungszeit in einem Rhythmus wieder, der jede Trainingseinheit in eine Hälfte Basisübungen und eine Hälfte "Tao Lu" (Faust-/Waffenform) unterteilt. Da wir uns auf verschiedene Formen geeinigt hatten ist jeder, am Ende des Trainingsaufenthaltes, mit einer Faust- und einer Waffenform nach Hause gegangen. (Stock, Säbel, Kettenpeitsche, "Mei Hua Quan" und "Da Hong Quan")
Die Unterbringung war recht angenehm und weit weniger spartanisch als befürchtet. Wir konnten zwei Doppelzimmer unser eigen nennen und hatten die Wahl (zumindest zum Frühstück) zwischen der Schulkantine der bereits genannten Kung Fu-Schule und/oder unseres Hotelrestaurants. Der einzige Unterschied bestand lediglich darin, dass wir für die Schulkantine ein paar Meter nach draußen gehen mussten. Das Essen war qualitativ gleich (gut). So verbrachten wir die sechs Tage jeder Woche in der sich stetig wiederhohlenden Monotonie aus Schlafen, Essen, Training, Essen, Schlafen, Training, Essen, Schlafen,... Kurz, es war wunderbar!
Ab und an streiften wir zwischen den Trainingseinheiten durch Dengfeng und machten die Kung Fu-Shops unsicher, um noch das eine oder andere Schwertchen, Stöckchen, Speerchen oder anderes Trainingsmaterial günstig (oder gar spottbillig) zu erwerben. Zusätzlich nutzten wir unseren freien Tag um Trips in die nähere Umgebung zu starten, lokale kulinarische Köstlichkeiten auszuprobieren und einige Sehenswürdigkeiten näher in Augenschein zu nehmen.
So verlebten wir knapp einen Monat in gemütlicher Trainingsroutine mit einem grandiosen Shifu und einer grandiosen Meisterschülerin. Wir wurden wieder einmal sehr herzlich aufgenommen, lernten eine ganze Menge Neues und vertieften unsere bisherigen Kenntnisse. Wir hatten das Glück eines Trainer-Schüler-Verhältnis von 1:3 (2:3) und konnten auch neben den Trainingszeiten eine lustige und lockere Zeit mit unseren Trainern verbringen. Zum Abschluss, um unsere geschunden Körper nicht gleich dem Arbeitswahn in Deutschland auszusetzen, setzten wir uns für drei Tage nach Süd-China auf die Insel "Hainan" ab. Dabei tauschten wir Schwert und Speer gegen Kokosnuss und Getränke mit bunten Schirmchen und spannten bei tropischer Wassertemperatur von 28 Grad am Strand aus.
Alles in allem war es wieder eine abenteuerliche Reise mit tollen Leuten, einer ganzen Menge Spaß und sehr abwechslungsreich in altbekannter gleichmütiger Routine.
Update Einwohnerzahl Dengfeng:
temporär ca. Sechshunderttausend Chinesen minus Drei Deutsche